Talk:Voraussagen, Einschränkungen & Falsifizierbarkeit
EM fragt (17.5.18):
Was mich noch etwas verwirrt ist, dass du gar nicht auf die Kausalität eingehst. Zwar gehst du schon auf die mathematische Beschreibung ein (Minkowski Raum), aber du sagst nichts dazu, dass der Zeitpfeil nur eine Richtung kennt.
Ein "universeller" Beobachter müsste ja demnach die Möglichkeit haben einzugreifen und jeden Zeitpunkt zu verändern (also z.B. Zeitschleifen zu generieren), was die Kausalität verletzen würde.
Bzw. müsste es ja auch ohne Beobachter Zeitschleifen oder rückwärts laufende Räume haben, oder nicht?
Thm schreibt (21.5.18):
Danke für die gute Frage! Ich habe bisher nichts über Kausalität geschrieben, weil ich tatsächlich nicht viel darüber nachgedacht habe. Bisher dachte ich, dass wenn das Modell die Relativität reproduziert, die Frage der Kausalität automatisch gewährleistet sei. Dem ist aber nicht so, wie Du oben ausgeführt hast. Nach ein paar Tagen nachdenken ist mein Zwischenstand nun der folgende:
für den flachen Beobachter:
a) ist die Relativität komplett gewährleistet.
b) Das Vorzeichen des Zeit-Pfeils ist meiner Meinung nach bisher noch nicht festgelegt. Auf QM-Level - wo ich bisher operiere - kann man nach meinem Verständnis Anti-Materie als Materie mit umgekehrtem Zeit-Pfeil betrachten. Das Vorzeichen des Zeit-Pfeils käme erst mit der Betrachtung von irreversiblen Prozessen zustande, wo dann die Entropie immer zunehmen muss (2. Hauptsatz der Thermodynamik). Dies habe ich bisher noch gar nicht angeschaut.
c) ist es eine lokale Theorie.
Beim "universellen" Beobachter geschieht etwas ganz Spannendes, das ich noch nicht vollumfänglich verstehe und etwas Schwierigkeiten habe bei der Formulierung. Hier ein Versuch:
Die Zeit-Dimension wird äquivalent zu einer Raumdimension und man erhält vierdimensionale Gleichungen in vier Raumdimensionen. Diese Gleichungen sind aber statisch. Die Zeit verschwindet komplett aus den Gleichungen. In der Herleitung kommt «Bewegung» nur an einer Stelle vor, wenn es darum geht, den kinetischen Term für ein sich bewegendes Teilchen in die Dirac-Gleichung einzuführen (der Term der Form iℏcγ∂ψ). Aber auch dieser Term bezeichnet nur die Änderung des Feldes entlang einer Koordinate. Es ist weiterhin eine statische Betrachtung, welche die Bedeutung einer Bewegung nur bekommt, wenn man sich die Situation entlang einer Koordinate nacheinander anschaut. Dieses «nacheinander anschauen» definiert dann eine Zeit, ist aber nicht Teil des Gleichungssystems.
Du merkst, dass ich mich schwertue, hier die passende Sprache zu finden. Das Problem ist, dass in dieser Situation Begriffe wie «gleichzeitig» oder «nacheinander» gar nicht mehr definiert sind.
Mein Bild ist vielleicht das eines Filmes. Dieser besteht aus vielen Einzelbildern. Der universelle Beobachter sieht den ganzen Film. Dieser Film als Gesamtes ändert sich nicht, er ist statisch. Der spezielle Beobachter geht den Film Bild für Bild durch, und sieht dadurch bewegte Bilder.
Nun, der langen Rede kurzer Sinn: Die Gleichungen und Herleitungen für den universellen Beobachter sind tatsächlich statisch. Dies bedeutet, dass sich nichts verändert. Es gibt in diesem Gleichungssystem keine Änderung und damit auch keine Ursache und keine Wirkung. Diese Begriffe erfordern eine Zeitkomponente.
Ich meine, dass dies bedeutet, dass sich der universelle Beobachter zwar einzelne Scheibchen, Loops und Situationen anschauen kann, das sind aber einfach Teilbereiche dessen, was er ohnehin schon sieht. Er kann aber nichts ändern, da das Gesamte statisch ist.
Leuchtet diese Formulierung ein? Ist sie verständlich?
Alternativ vermute ich irgendwo eine zusätzliche These, die ich aber bisher nicht als notwendig erachte: Man könnte eine zusätzliche Annahme machen über die Form des Universums. Dabei könnte man fordern, dass es sich um eine dünne Scheibe handelt, mit nur einer kleinen Ausdehnung in Zeitrichtung. Es gibt tatsächlich Arbeiten, die so was behaupten, z.B. DOI: 10.1142/S0218271818500839 (Ich habe den Artikel nur überflogen).
Falls es Probleme gäbe mit der Kausalität, könnte eine solche Annahme das Problem entschärfen, denn der universelle Beobachter würde dann zwar die Zeitrichtung überblicken, da wäre aber einfach nicht sehr viel zu sehen.
Allerdings müsste man dann Oberflächeneffekte dieser dünnen Scheibe berücksichtigen, was auch komplex werden könnte. (Die dünne Scheibe habe ich übrigens im Kopf, weil sie ggf. bei der Beschreibung von Hadronen hilfreich sein könnte. Aber dieses Thema bin ich noch nicht detailliert angegangen).
Was meinst Du zu diesen Überlegungen? Danke für die Rückmeldung und den Input!
Gruss, Thomas.